Der we(h)r(t)lose Nationalpark S. 2

Dieses Bild zeigt die Schlucht, die über den hölzernen Abstieg zum Strand führt. Dieser herrliche, kühle Weg, der unten am Strand endete, wurde vollends seiner urigen Schönheit beraubt. Ich hatte das Gefühl, dass
die Vollstrecker Barbaren waren. Inmitten eines Waldes gelegen, können die direkten Anwohner nun statt dunkler Buchen eine ausgedörrte Schlucht sehen. Für mich und zahllose Naturfreunde ist das ein Schlag ins Gesicht!
Dieser Blick bietet sich dem Wanderer jetzt, wenn er vom Strand kommend, den Wendeplatz für Busse erreichen will.
Wo bis vor kurzem Wald war, ist jetzt Trostlosigkeit und Hilflosigkeit spürbar. Eine Passantin, die ihren Hund ausführte, sagte zu mir: "Ich sage nichts mehr dazu, es ist schlicht und einfach erschreckend!"
Hat man den Hauptweg erreicht, der vom Wendeplatz in den NP führt, dann ist man "mitten drin" im Nationalpark Jasmund - auch wenn man es nicht glauben mag. Hunderte Meter zieht sich nun die Straße mit den gefällten Buchen an der Seite dahin. Ich berührte einige Stämme mit meinen Händen, was ich früher auch schon tat, als sie noch lebten. Ich kannte sie als Naturfotograf seit 50 Jahren und da standen sie schon über 100 Jahre an ihrer Stelle. Heute ist der Platz verwüstet und ihre Stämme werden nun in deutschen Kaminen knistern und der Hausherr wird darauf anstoßen können. Buchenholz ist ihm zwar (lieb) und teuer, aber auf Rügen kann man das schon machen. Protest ist kaum zu erwarten. Man ist längst vorbei an den Markierungspfählen mit der Eule - dem Symbol für Naturschutz. Man tritt schon eine Weile auf dem "Kulturerbe der Menschheit" herum. Was haben wir noch zu vererben? Unsere Enkel und Urenkel werden ihre Ahnen verfluchen, wenn sie eines Tages Bilanz ziehen.
Mit deutscher Gründlichkeit sind überall die Eulen-Schilder des NP zusehen. Doch nun hat diese Gründlichkeit dafür gesorgt, dass Ruhe in den bisherigen Wald einzog. Denn hier findet weder das Eichhörnchen noch der Kolkrabe sein Auskommen. Nicht einmal die Anemonen werden ohne schützendes Blätterdach hier leben können und der Sand, der durch die schweren Baumaschinen einen halben Meter tief aufgewühlt wurde, wird sich bei schweren Regengüssen als Sand-Lehm-Kreide und Geröllmischung - als Mure zum Strand wälzen. Die Lerchen sind von Mönchgut schon für immer weg - und hier auf Jasmund werden die künftigen Windparks die Seeadler dezimieren. Für alle gilt: "Kein schöner Land..."