Gegenartikel zum Artikel
"Wenig Verständnis für Diskussion um B96n auf Rügen" v. 19. 05. 2005 im DER RÜGANER ANZEIGER

Dieser Artikel des Rüganer Anzeigers reiht sich nahtlos in die üblichen Beschimpfungen ein, die man loslässt, wenn Menschen um die Natur der Insel Rügen besorgt sind. Man "zeigt nicht nur wenig Verständnis", sondern hat gar keines. Im Gegenteil: Wer sich für Naturschutz einsetzt, wird diffamiert, man spricht von "Blockade" und will nicht begreifen, dass es letztlich um den Erhalt unseres eigenen Lebensraumes (vor allem für unsere Kinder) geht und damit auch um den Erhalt des Tourismus als Wirtschaftsfaktor. Von einigen Tausend mehr Tagestouristen hat die Rügener Wirtschaft nur sehr wenig, dafür werden naturliebende Touristen auf Dauer Rügen fern bleiben. Lt. diverser Umfrage des Tourismusverbandes (wozu wurden diese eigentlich gemacht), was der Urlauber auf Rügen sucht, ist eine intakte Natur die Nr. 1!
Es wird nicht gefragt, warum eine viel kostengünstigere und naturschonendere Variante nicht erwogen wird. Übernehmen Sie doch einfach die Vorschläge vom NABU.
Nahezu grotesk ist der Satz dieser Zeitung, dass die Redaktion des Rüganer Anzeigers mit dem Vorsitzenden des Tourismusverbandes Rügen, Hrn. Wuitschik, sprach. Der Verlagsleiter des Rüganer Anzeigers ist der Vorsitzende des Tourismusverbandes. Herr Wuitschik führte sozusagen ein Selbstgespräch. Und ausgerechnet er spricht von "unseriös", wenn man "alte" Argumente nutzt, um Naturvernichtung, Geldverschwendung und Größenwahn zu verhindern.
Der Verlagsleiter und Vorsitzende des Tourismusverbandes, Herr Wuitschik, (welch vielsagende und fragwürdige Verquickung dieser Ämter) steht nun für die "Meinung" aller Mitglieder des Tourismusverbandes. Wirklich? Das ist in etwa so glaubwürdig, wie das "überparteilich und unabhängig", das diese Zeitung auf seiner Titelseite trägt.
Ausgerechnet die Erhaltung der Natur wird als "wirtschaftsschädigend" hingestellt und in diffamierender Manier wird gefragt: "worin denn ihre Erfolge zu sehen sind?" Unser herunter gewirtschafteter Staat, der den Ärmsten regelrecht durch Sparmaßnahmen den Atem nimmt, protzt mit einer gewaltigen Brücke, mit Straßenanbindungen und Baumaßnahmen, von denen sich unsere "Insel der Natur" nicht mehr erholen wird. Die Staus entstehen nicht (mehr) in Stralsund, sondern sind hausgemacht! Irreversibel geschaltete Kreuzungen wie Samtens, Zulassung von Fahrzeugen, die 25 km/h fahren, und andere nicht mehr zeitgemäße Behinderungen führen zu Staus! Der "Stralsunder Stau" verlagert sich nun zum Nadelöhr Bergen und mit der Riesenbrücke wird lediglich das einmalige Panorama der alten Hansestadt Stralsund verschandelt und der bankrotte Geldbeutel Deutschlands belastet.
Die Argumente, dass junge Rüganer die Insel verlassen, kann ja wohl nicht dem alten Rügendamm zugeschrieben werden. Genau so viel Nicht-Rüganer melden sich zur Saison. Die Panikmache der "Wirtschaftler" wird genutzt, um die Naturschützer und deren Argumente zu schwächen. Wahrscheinlich haben sich diese noch nie mit der Frage befasst, wodurch Rügen seine Urlauber anlocken soll, wenn alle Fehler des Westens auf unserer Insel wiederholt werden. Wenn Riesenbrücken, riesige Autobahn-Zufahrten und Spaßbäder unsere Natur ruiniert haben - und unsere Insel so aussieht, wie irgendeine andere "flurbereinigte" Region dieser Welt. Von den Baukosten, Folgekosten und enormen Eintrittsgeldern für künstlich geschaffene Erlebniswelten ganz zu schweigen. Das, was gratis wäre - die NATUR - das wird versiegelt, zubetoniert und ausgemerzt.
Sich nur auf Gesetze zu berufen, die Neubauten finanzieren und Sanierungen nicht, ist paradox. Gesetze sind nicht "Gott gemacht", sondern von Politikern, die Schaden vom Volk abwenden sollen! Würde dieses sinnlose Gesetz gekippt werden, würde viele Milliarden Euro gespart werden. Und das sollte bei der derzeitigen Wirtschaftslage oberstes Ziel des Gesetzgebers sein! Wenn es um Terrorismus geht, sind in kürzester Zeit neue Gesetze erlassen, wenn es um eine lebenslange Schädigung der Natur durch sinnlosen Gigantismus geht, beruft man sich auf bestehende Gesetze. Ich sage mit den Worten des großartigen Oscar-Preisträgers Maximilian Schell: "Rebellion ist lebensnotwendig!" Besonders für deutsche Politik.
Die Ansicht des Herrn Boche vom Wirtschaftrat (CDU), dass die "weißen Kreuze" an den Bäumen kaum wahrgenommen werden, zeugen von Ignoranz und Desinteresse an der Natur. Wer diese Kreuze übersieht, der vermisst die Bäume auch nicht, wenn sie gerodet sind! Wen wundert es, denn seine CDU-Vorsitzende (und ehem. Umweltministerin) Merkel hat ja auch gegen die Ausdehnung der FFH polemisiert. Diese Kreuze haben den Sinn einer Mahnung - Natur nicht weiterhin sinnlos für Bauprojekte zu opfern!
Wenn die Riesenbrücke kommt, erreicht man fraglos einen noch größeren Besucherstrom der Tagesgäste. Diese sind dann aber auf den gleichen Straßen Mönchguts, Jasmunds, Wittows oder Putbus unterwegs! Sie mischen sich dann mit den Urlaubern, die die Schönheit unserer Insel "erfahren" möchten. Das bedeutet ein Mehr an Autos, an Luftverschmutzung, an Staus, Stress und Frust. Wer so weit nicht denken kann, sollte die Meinung Andersdenkender ernster nehmen.
Seine Aussage, dass intelligente Lösungen gefragt sind, ist nicht neu. Sie waren schon immer gefragt (siehe Kreuzung Samtens), aber das haben diese Strategen genau so wenig wahrgenommen wie die weißen Kreuze, obwohl sie hochbezahlte Staatsdiener sind! Hätte es die Aktivitäten der Naturschützer nicht gegeben, wäre als erste Handlung die Allee verschwunden, die (noch) bei Altefähr neben der B96 steht.
Der Zahl von 22.600 Bürgern, die den Ausbau der A20 forderten, steht ein Mehrfaches an Personen gegenüber, die nicht unterschrieben. Außerdem hat das nichts mit dem Gigantismus zu tun, der jetzt Rügens Natur weiträumig zunichte macht. Die B96n hat eine bessere und billigere Alternative - den Ausbau der B 96!
Ich kenne keinen Naturschützer, der auf Straßen des Mittelalters fahren möchte, aber ich kenne auch keinen, der an diesen gigantischen, Natur zerstörenden und kostspieligen Straßen leben möchte! Das Wort vom "sanften Tourismus", von naturschonendem Bau, von kostengünstigen Bauvarianten scheint bei den Verantwortlichen nie angekommen zu sein.
Das einzige Argument, das sie (vielleicht) einen Moment innehalten lässt, wäre wohl der Satz: "Schaut euch doch um auf dieser strangulierten Welt - warum sollen denn ausgerechnet wir Mecklenburger klüger sein als andere." Früher kam ja auch alles 100 Jahre später hier an...
Klaus Ender