Planlos in den Stau - die neue Rügenbrücke

Ein Bauwerk ist fertig. Für viele ein Grund zum Feiern, ein Grund zum Jubeln ist es wahrlich nicht.

Für 125 Mio. Euro ist eine zweite Strelasundquerung, die Rügenbrücke, gebaut worden. "Eine vollkommen unverhältnis-mäßige Politiker-Prestige-Maßnahme, in die unser aller Geld versenkt wurde - übrigens rund 40% mehr als zuvor vielfach versichert", meint Marlies Preller vom NABU Rügen. "Ausgegeben für ein eigenverursachtes Verkehrsproblem, das mit weniger Geld, aber mehr Köpfchen schneller, einfacher und mit weniger schwerwiegenden Folgen für die Insel Rügen durch Erweiterung der vorhandenen Streckenführung zu lösen gewesen wäre, wie vom NABU und vom FORUM RÜGEN-STRALSUND vielfach propagiert. Im Autoland Deutschland scheint aber die Forderung von straßenverkehrsgerechten Trassen zur ersten Bürgerpflicht aufgerückt zu sein, die populistisch agierende Politiker gern bedienen - im wahrsten Sinne: koste es, was es wolle."

Ohne ein - von der EU übrigens einst gefordertes - integriertes Verkehrentwicklungskonzept für alle Verkehrsarten auf der Insel Rügen wurde dem Straßenverkehr, der Mensch und Umwelt besonders belastet, die höchste Priorität eingeräumt. Die Folgen sind absehbar und werden inzwischen auch kaum mehr geleugnet: Der Stau, der bisher jede Saison Stralsund belastet hat, wird jetzt auf die Insel verlagert, erst hinter die Brücke und wenn die zweite B 96 in Richtung Bergen gebaut werden sollte, vor die Kreisstadt. Von kurzsichtigen, in Wahlperioden denkenden Politikern und Lobbyisten werden als Erfolg verkaufte Fehlentscheidungen bedenkenlos fortgesetzt. So ist anschließend eine Südumgehung von Bergen in Planung, die den Verkehr in Richtung der Touristenzentren Binz/Prora und Südost-Rügen lenken soll. Nur irgendwann ist Schluss in der Sackgasse. Dauerstaus in Urlaubergebieten, Ortschaften und Alleen - ein real werdendes Horrorszenario für Touristen und Wirtschaft, inklusive Beeinträchtigungen von Umwelt, Gesundheit, Lebensqualität.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird zum großen Ereignis der "feierlichen Verkehrsfreigabe" vor Ort in ihrem Wahlkreis erwartet. Die in fernen Landen als "Klimakanzlerin" geschätzte, hat anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises an Al Gore und den UN-Klimarat deren unermüdliches Bemühen um das weltweite Bewusstmachen der Gefahren des Klimawandels gelobt und betont, "dass wir jetzt handeln können und müssen". In der deutschen Praxis werden weiter Straßen gebaut und eingeweiht.

Oder sollte es wirklich ein Umdenken geben und das zerstörerische Großmannssucht-Vorhaben einer 3-spurigen B 96n in seinem maßlosen Gigantismus wirklich noch einmal überdacht werden? Sollte es den Verantwortlichen doch auffallen, dass es keine zwingende Notwendigkeit gibt für die in diesem Zusammenhang geplanten17 neuen Brücken (einschließlich dreimaliger Überquerung der Bahntrasse) auf der 19km-Trasse nach Bergen, für 13 ha gerodeten Wald, für 170 ha überbautes Land sowie 300 ha Ausgleichs- und Ersatzflächen, für 17 betonierte Regenrückhaltebecken, 2 m hohe Wildschutzzäune zu beiden Seiten, 12 km neue Nebenstraßen, für 2-3 m hohe Blendschutzwälle vor Bergen und nicht zuletzt für die Fällung von 200 Alleebäumen.

Eine optimale - keine maximale - Mobilität, die auch der NABU Rügen für die Rügeneinwohner und ihre Gäste vertritt, muss und kann anders erreicht werden. Der NABU fordert: Alternatives Verkehrskonzept durch befähigte Planer mit Schwerpunkt ÖPNV, Verkehrsverbund (einschließlich fahrgeldfreier Angebote) sowie Weiterführung der Trasse auf einer moderat erweiterten B 96.

Für Deutschland, das europaweit den höchsten Ausstoß an klimaschädigenden Gasen hat, gleichermaßen für Rügen ist ein neues Denken nötig und - wie Frau Merkel sagt - Handeln. Die Bewahrung der Lebensgrundlagen für uns Menschen ist das Thema der Zukunft, denn wir sind auf Gedeih und Verderb mit unserer Umwelt verbunden. Die sich anbahnende dramatische Klimakrise ist das Ergebnis menschlicher Ignoranz. Ein Weitermachen wie bisher wird es nicht mehr geben können, wie die immer häufiger und verheerender werdenden Naturkatastrophen unerbittlich mahnen, es sei denn (für große Teile Rügens sogar wörtlich zu nehmen) um den Preis des Unterganges.

Auch deshalb: Keine zusätzliche Straße, keine neue B96n!

Kontakt: Marlies Preller, NABU-Kreisverband Rügen,

Tel. 03838/209708, Fax 03838/209709, nabu.ruegen@t-online.de www.NABU-ruegen.de